Welcher Kanton besteuert den Grundstückgewinn, wenn bei Ersatzbeschaffung das Ersatzobjekt nach Kurzem veräussert wird?

Im soeben veröffentlichten Urteil 2C_70/2017 vom 28. September 2017 hat das Bundesgericht zur eingangs gestellten Frage Stellung genommen. Die Situation war darum brisant, weil im ersten Kanton (BE) ein hoher Grundstückgewinn aufgeschoben worden war und das Ersatzobjekt im zweiten Kanton (GE) schon nach kurzer Zeit wieder veräussert wurde.

Die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK) hatte bislang vorgeschlagen, bei Veräusserung des Ersatzobjekts innerhalb von 5 Jahren den ersten Kanton für den aufgeschobenen Gewinn noch zum Zug kommen zu lassen.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige verkaufte am 1. April 2008 ihre bis dahin selbstbewohnte Liegenschaft im Kanton Bern. Der Liegenschafts-Rohgewinn von CHF 5.7 Mio. wurde nicht besteuert, weil A. eine Ersatzbeschaffung geltend machte. Ersatzobjekt war eine Liegenschaft im Kanton Genf. Jene Ersatzliegenschaft verkaufte A. bereits am 16. Juni 2010 wieder, dieses Mal, ohne eine weitere Ersatzliegenschaft zu erwerben. Damit riss die Ersatzbeschaffungskette ab.

Steuerveranlagung

Die Steuerverwaltung des Kantons Bern veranlagte in der Steuerperiode 2010 den ursprünglich (im Jahr 2008) aufgeschobenen Liegenschaftsgewinn, wobei ein steuerbarer Grundstückgewinn von CHF 4.8 Mio. und eine Steuerforderung von CHF 1.9 Mio. resultierten. Sämtliche kantonalen Instanzen schützten diese Veranlagung.

Ausführungen des Bundesgerichts

Strittig war, ob der Kanton BE tatsächlich das Besteuerungsrecht für den aufgeschobenen Liegenschaftsgewinn behält (Zerlegungsmethode) oder ob der Kanton Genf den gesamten Gewinn aus dem Verkauf des Ersatzobjekts besteuern darf (Einheitsmethode).

Das Bundesgericht stellte zunächst fest, dass das kantonale bernische Steuerrecht eine Grundlage für die Besteuerung nach der Zerlegungsmethode kennt (Art. 126 Abs. 1 lit. d und Art. 136 Abs. 3 StG BE).

Der Kanton Genf berief sich dagegen auf die interkantonale Freizügigkeit, welche die Mobilität innerhalb der Schweiz ohne Behinderung zulassen wolle. Dies erfordere eine gewisse Grosszügigkeit der Kantone und einen Verzicht auf Nachbesteuerungsrechte. Beide Seiten sahen ihre Rechtsauffassung durch das Urteil BGer 2C_33/2012 gestützt, der sich ebenfalls zur interkantonalen Zuordnung des Besteuerungsrechts geäussert hatte.

Das Bundesgericht knüpfte seinen aktuellen Entscheid an das Leiturteil BGE 143 II 233 an. Dort war es nicht um einen interkantonalen Sachverhalt gegangen, sondern um die Frage, ob überhaupt eine Ersatzbeschaffung vorliegt, wenn das Ersatzobjekt schon nach weniger als 5 Jahren wieder veräussert wird. In Auslegung von Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG hatte das Bundesgericht damals entschieden, dass das Harmonisierungsrecht für eine 5-jährige Mindesthaltedauer als Voraussetzung für eine Ersatzbeschaffung keinen Raum lässt.

Entsprechend stellte es vorliegend nun fest, dass auch keine Gründe ersichtlich sind, um im interkantonalen Verhältnis Wiederverkäufe des Ersatzobjekts innerhalb einer 5-Jahres-Frist anders zu behandeln als spätere Wiederverkäufe. Damit gelange auch bei reinvestitionsnahen Handänderungen die Einheitsmethode zur Anwendung. Der Kanton Genf erhielt somit recht und durfte den gesamten Gewinn besteuern.

Interessant ist, was das Bundesgericht in E. 4.4 dann noch festgehalten hat:

Vorbehalten bliebe einzig die Frage eines Rechtsmissbrauchs, bei dem etwa ein Veräusserer bereits bei der Wohnsitznahme im Zuzugskanton die Absicht hegt, die Ersatzbeschaffung beispielsweise in eine Ferienwohnung umzunutzen oder das erste Ersatzobjekt allein aus spekulativen Motiven zu erwerben, um nach einer kurzen Besitzesdauer ein zweites Ersatzobjekt zu kaufen und so den Zwischengewinn abzuschöpfen; diesfalls wäre der Steueraufschub zu verweigern und es bliebe bei der Besteuerungskompetenz des Wegzugskantons.

Damit herrscht in zweierlei Hinsicht Gewissheit:

  1. Auch die ursprünglich als reine Objektsteuer ausgestaltete Grundstückgewinnsteuer kennt (mittlerweile) einen Umgehungstatbestand und
  2. Es wird auch weiterhin spannende Urteile zur interkantonalen Aufteilung bei reinvestitionsnahen Handänderungen geben.

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Welcher Kanton besteuert den Grundstückgewinn, wenn bei Ersatzbeschaffung das Ersatzobjekt nach Kurzem veräussert wird?

Im soeben veröffentlichten Urteil 2C_70/2017 vom 28. September 2017 hat das Bundesgericht zur eingangs gestellten Frage Stellung genommen. Die Situation war darum brisant, weil im ersten Kanton (BE) ein hoher Grundstückgewinn aufgeschoben worden war und das Ersatzobjekt im zweiten Kanton (GE) schon nach kurzer Zeit wieder veräussert wurde.

Die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK) hatte bislang vorgeschlagen, bei Veräusserung des Ersatzobjekts innerhalb von 5 Jahren den ersten Kanton für den aufgeschobenen Gewinn noch zum Zug kommen zu lassen.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige verkaufte am 1. April 2008 ihre bis dahin selbstbewohnte Liegenschaft im Kanton Bern. Der Liegenschafts-Rohgewinn von CHF 5.7 Mio. wurde nicht besteuert, weil A. eine Ersatzbeschaffung geltend machte. Ersatzobjekt war eine Liegenschaft im Kanton Genf. Jene Ersatzliegenschaft verkaufte A. bereits am 16. Juni 2010 wieder, dieses Mal, ohne eine weitere Ersatzliegenschaft zu erwerben. Damit riss die Ersatzbeschaffungskette ab.

Steuerveranlagung

Die Steuerverwaltung des Kantons Bern veranlagte in der Steuerperiode 2010 den ursprünglich (im Jahr 2008) aufgeschobenen Liegenschaftsgewinn, wobei ein steuerbarer Grundstückgewinn von CHF 4.8 Mio. und eine Steuerforderung von CHF 1.9 Mio. resultierten. Sämtliche kantonalen Instanzen schützten diese Veranlagung.

Ausführungen des Bundesgerichts

Strittig war, ob der Kanton BE tatsächlich das Besteuerungsrecht für den aufgeschobenen Liegenschaftsgewinn behält (Zerlegungsmethode) oder ob der Kanton Genf den gesamten Gewinn aus dem Verkauf des Ersatzobjekts besteuern darf (Einheitsmethode).

Das Bundesgericht stellte zunächst fest, dass das kantonale bernische Steuerrecht eine Grundlage für die Besteuerung nach der Zerlegungsmethode kennt (Art. 126 Abs. 1 lit. d und Art. 136 Abs. 3 StG BE).

Der Kanton Genf berief sich dagegen auf die interkantonale Freizügigkeit, welche die Mobilität innerhalb der Schweiz ohne Behinderung zulassen wolle. Dies erfordere eine gewisse Grosszügigkeit der Kantone und einen Verzicht auf Nachbesteuerungsrechte. Beide Seiten sahen ihre Rechtsauffassung durch das Urteil BGer 2C_33/2012 gestützt, der sich ebenfalls zur interkantonalen Zuordnung des Besteuerungsrechts geäussert hatte.

Das Bundesgericht knüpfte seinen aktuellen Entscheid an das Leiturteil BGE 143 II 233 an. Dort war es nicht um einen interkantonalen Sachverhalt gegangen, sondern um die Frage, ob überhaupt eine Ersatzbeschaffung vorliegt, wenn das Ersatzobjekt schon nach weniger als 5 Jahren wieder veräussert wird. In Auslegung von Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG hatte das Bundesgericht damals entschieden, dass das Harmonisierungsrecht für eine 5-jährige Mindesthaltedauer als Voraussetzung für eine Ersatzbeschaffung keinen Raum lässt.

Entsprechend stellte es vorliegend nun fest, dass auch keine Gründe ersichtlich sind, um im interkantonalen Verhältnis Wiederverkäufe des Ersatzobjekts innerhalb einer 5-Jahres-Frist anders zu behandeln als spätere Wiederverkäufe. Damit gelange auch bei reinvestitionsnahen Handänderungen die Einheitsmethode zur Anwendung. Der Kanton Genf erhielt somit recht und durfte den gesamten Gewinn besteuern.

Interessant ist, was das Bundesgericht in E. 4.4 dann noch festgehalten hat:

Vorbehalten bliebe einzig die Frage eines Rechtsmissbrauchs, bei dem etwa ein Veräusserer bereits bei der Wohnsitznahme im Zuzugskanton die Absicht hegt, die Ersatzbeschaffung beispielsweise in eine Ferienwohnung umzunutzen oder das erste Ersatzobjekt allein aus spekulativen Motiven zu erwerben, um nach einer kurzen Besitzesdauer ein zweites Ersatzobjekt zu kaufen und so den Zwischengewinn abzuschöpfen; diesfalls wäre der Steueraufschub zu verweigern und es bliebe bei der Besteuerungskompetenz des Wegzugskantons.

Damit herrscht in zweierlei Hinsicht Gewissheit:

  1. Auch die ursprünglich als reine Objektsteuer ausgestaltete Grundstückgewinnsteuer kennt (mittlerweile) einen Umgehungstatbestand und
  2. Es wird auch weiterhin spannende Urteile zur interkantonalen Aufteilung bei reinvestitionsnahen Handänderungen geben.